Mainz, 11. August 2012
Selamat Pagi,
heißt so viel wie „guten Morgen“
auf Bahasa Indonesia. Nach neun Jahren habe ich es in diesen Tagen
endlich mal wieder nach Indonesien geschafft, genauer gesagt auf die
wohl berühmteste Insel des Archipels schlechthin: nach Bali.
Gespannt war ich schon, was sich in
neun Jahren auf dem Eiland getan hat, das ich damals noch klassisch
mit öffentlichen Verkehrsmitteln bereiste. Ein Blick in den
aktuellen „Lonely Planet“ wunderte mich doch sehr, als dieser
riet, Bali am besten per Mietwagen zu entdecken! Der „Lonely
Planet“, die „Bibel“ der Individualtouristen, schlägt vor,
einen biederen Rent-a-Car-Urlaub zu machen? Zugegebenermaßen war
2003 das Reisen mit Bemos (Minibussen) und Ojeks (Motorradtaxis)
alles andere als komfortabel, schnell und lungenfreundlich. Dafür
war es extrem billig und halt die Art des Reisens, die ich immer mit
der australischen Reisebibel gleichgesetzt habe. 2003 stand im
„South-East-Asia Travel Survival Kit“ des Lonely Planets wohl
auch nichts von Mietwagen im Kapitel „Getting around“.
Nun gut, die Monate vor der Reise
planten wir dann mal mit einem Mietwagen...in Indonesien...im
Linksverkehr – aber so Recht daran glauben wollten wir doch noch
nicht so, zumal es außer Avis keine bekannte Mietwagenrepräsentanz
auf der Insel gibt. In den letzten Jahren hatte sich allerdings meine
Art des Reisens bereits geändert. Nach der Reise mit öffentlichen
Verkehrsmitteln um die Welt 2002-2003, strampelte ich zunächst durch
Süd-Ost-Asien, Skandinavien und Osteuropa mit dem Fahrrad; sozusagen
der erste Schritt weg von Kühlschrankbussen und Abgasschleudern.
Dann 2010 der erste zaghafte Versuch auf Mauritius mal einen Tag lang
den Linksverkehr mit einem Auto zu entdecken. Das ging damals
erstaunlich gut, der lokale Vermieter hatte einen verständlichen
Vertragstext mit Vollkaskoversicherung inklusive aufgesetzt und auch
das Fahren im Chaos von Mauritius' Straßen funktionierte
einwandfrei. Im Frühjahr 2012 schließlich der erste
„Langzeitfahrversuch“ in einem tropischen Land für zwei Wochen
in Costa Rica funktionierte ebenfalls prima. So entstand dann so
langsam tatsächlich der Plan, dem Rat des „Lonely Planet“ zu
folgen, mit dem Mietwagen die Insel zu entdecken.

Unser Suzuki Katana in den Bergen Balis
Ich fürchtete allerdings erst gar
keinen Mietwagen zu bekommen, da dummerweise die beste Reisezeit für
Bali in unseren Sommermonaten liegt und die Insel dann von Touristen
aus Süd und Nord in die Zange genommen wird. Australier haben die
Möglichkeit in wenigen Stunden für recht wenig Geld mit dem
Billigflieger von Downunder auf die Insel zu fliegen und waren
natürlich präsent. Aber auch Europäer scheint es nach Bali zu
ziehen. Die KLM-Maschine, die uns von Singapur nach Denpasar brachte,
war jedenfalls proppenvoll und Franzosen und Holländer sollten wir
auf der gesamten Reise an allen Orten wieder treffen. Eurokrise hin
oder her, auch Spanier fanden wir zuhauf – Deutsche hingegen im
Vergleich zu früheren Reisen außerhalb Europas recht wenige.
Die Einreise nach Indonesien verlief
dieses Mal weitaus entspannter als 2003, da man sich sein
Touristenvisum am Flughafen für 25 US$ kaufen konnte. Der erste
Versuch, indonesischen Boden zu betreten, scheiterte vor neun Jahren
noch kläglich, da ich von Ost-Timor über Land einreisen wollte und
ich nicht wusste, dass das Inselreich seine abtrünnige Provinz nicht
als eigenen Staat anerkannte. Damals musste ich zurück nach Dili in
die Hauptstadt Ost-Timors fahren und mir bei der Ständigen
Vertretung Indonesiens in Dili ein Visum besorgen, da die visafreie
Einreise nur bei offiziellen Grenzübergängen möglich war. 2012
musste ich nur die relativ lange Schlange an Mitreisenden erdulden,
die ebenfalls auf die Idee kamen, mal auf Bali Urlaub zu machen –
eine weit angenehmere Erfahrung als zwei Tage mit Visa-Kram zu
verschwenden.

Mit dem Mietwagen durch den äußeren Krater des Vulkan Batur
Google sei Dank findet man mit dem
Suchbegriff „Bali Car Rental“ viele Angebote lokaler Unternehmen
und meine Befürchtung, kein Auto mehr zu bekommen, war ziemlich
unbegründet – dies schrieb allerdings auch schon wer? Natürlich,
der „Lonely Planet“. Letztlich lag es wohl daran, dass auf
Bali kaum ein Tourist ein Auto mietet, zumindest nicht zum selber
Fahren. Wir trafen überall auf Touristen, die sich über die Insel
kutschieren ließen, von einheimischen Fahrern wohlgemerkt. Daher
konnte man im Internet bereits zwischen „self drive“ und „with
driver“ wählen. Ebenfalls recht viele junge Reisende wählen ein
Mofa zum Fortkommen und Entdecken der Insel. Eigentlich auch eine
gute Idee, nur mit einem großen Rucksack auf dem Rücken, die
kurvenreichen, steilen Straßen Balis zu erleben, war dann doch nicht
so ein prickelnder Gedanke. Allerdings unternehmen die meisten
Touristen sowieso nur Tagesausflüge vom Süden der Insel mit seinen
Sandstränden ins Landesinnere. Dafür ist dann ein Mofa sicherlich
auch die perfekte Wahl – allerdings nur wenn man die Abgase im
Straßenverkehr der Insel erfolgreich ignorieren kann. Nach der
Ankunft auf Bali schrieben wir dann den BCR an, den „Bali Car
Rental“ und orderten ein Auto für den nächsten Tag und für die
nächsten knapp zwei Wochen. Wir entschieden uns für die günstigste
Variante, einen betagten Suzuki Katana. Das ist eine Art
Placebo-Geländewagen. Er sieht so aus wie einer, ist aber gar
keiner, da er erstens kein Allradantrieb hat und zweitens völlig
unter-motorisiert ist. Punkt 1 ist gar kein Problem, da alle Straßen
auf Bali asphaltiert sind. Punkt 2 ist ebenfalls zu vernachlässigen,
da man meist eh nur mit 40 km/h auf den Straßen entlang zuckeln
kann. Kein Placebo-Effekt hingegen ist der Platz zwischen Boden des
Autos und der Straße, der gar nicht groß genug sein kann, da man
oftmals auf den engen Straßen vom Fahrbahnrand abkommen muss, um den
Gegenverkehr auszuweichen und auch Schlaglöcher gibt es auf den
Nebenstraßen zuhauf.

Fahrt zu den Reisterrassen in Jatiluwih
Der „Bali Car Rental“ weckte bei
mir positive Erinnerungen an Balis Einwohner. Eine grenzenlose
Freundlichkeit und vorbildliche Servicementalität. Auf meine
Email-Anfrage wurde umgehend geantwortet und natürlich war es
selbstverständlich, dass uns das Auto auf dem Hotelparkplatz
zugestellt wird und bei der Abgabe später auch wieder dort
entgegengenommen wird. Dass die Abgabe an einem ganz anderen Hotel
stattfinden sollte – auch kein Problem. So stand dem Abenteuer
Autofahren in Indonesien nichts mehr im Wege und die 10 Meter Fahren
auf dem Hotelparkplatz in Quarantäne waren wunderbar. Danach wurden
wir in die Freiheit des indonesischen Verkehrs entlassen, der mich
bereits 2003 teilweise völlig entnervte. Das mit dem links fahren
war gar nicht mal so schlimm, da ja die Fahrerseite rechts liegt und
man intuitiv links fährt. Das ist auch ein Vorteil gegenüber dem
Mofa-Leihen. Eines morgens hätte ich fast eine Touristin auf dem
Mofa platt gefahren, da diese als Geisterfahrerin wohl etwas
gedankenverloren mir in einer Kurve direkt vor die Windschutzscheibe
fuhr. Dass indonesische Mofa-Fahrer einem links vom Wagen
entgegenkommen ist natürlich, nur wissen diese auch, dass ihr
Terrain gefühlt 30 cm vom Fahrbahnrand Richtung Fahrbahnmitte liegt
– die Touristin hingegen fuhr mitten auf der von mir aus gesehen
linken Fahrbahn fast ins Verderben.
Die Unsicherheit der Mofa fahrenden
Touristen ist wohl auch tatsächlich das schwierigste Unterfangen
beim Autofahren auf Bali. Denn der große Rest der Verkehrsteilnehmer
fährt getreu dem Motto „immer nach vorne schauen“. Alles was vor
einem liegt hat Vorfahrt. Diese unsichtbare Verkehrsregel hatte ich
zum Glück bereits bei meinen Fahrradreisen durch Süd-Ost-Asien
gelernt. Alle anderen gewöhnlichen Regeln, so auch der Linksverkehr,
haben sich dieser Regel unterzuordnen. Daher sind einheimische
Geisterfahrer auch nichts besonderes genauso wie das omnipräsente
„links vor rechts“. Sprich, es ist ganz normal, dass von links
auch neue Verkehrsteilnehmer hinzustoßen, ohne dass diese auch nur
schauen, ob in diesem Moment der Herr aus Deutschland mit seinem
Suzuki angefahren kommt. Daher sollte man seine Zeit auch erst gar
nicht mit dem Schauen in Seitenspiegel oder Rückspiegel
verschwenden. Das ganze hat schon fast etwas philosophisches: Als
Autofahrer blickt man grundsätzlich nur nach Vorne. Die
Vergangenheit in Form von Blicken in Spiegel bleibt ausgeblendet.
Natürlich kann ich die europäische Fahrweise nicht vollkommen über
Bord werfen und gerade bei Überholmanövern ist ein ganz schneller
Schulterblick nach links hinten nicht zu verachten – nur hat man
dazu eigentlich in Indonesien gar keine Zeit – es könnte sich ja
schon längst wieder eine neue Verkehrssituation vor der
Windschutzscheibe ergeben haben.

Linksverkehr war eigentlich kein Problem
Die ersten Meter in freier Wildbahn
waren schließlich problemlos zurückgelegt. Ein Kreuz- und
Querfahren findet auch zur Rushhour im vom Verkehrsinfarkt bedrohten
Süden Balis nicht statt – genauso wenig wie Dauerhupkonzerte. Die
Hupe findet hier sogar recht wenig Einsatz, lediglich beim Überholen
von Verkehrsteilnehmern der selben oder einer höheren Kaste –
schließlich ist auf Bali der Hinduismus quasi Inselreligion, sprich
wenn man als Autofahrer ein Auto oder einen LKW überholt. Die Hupe
ist quasi einem Klingelton gleichzusetzen, der einfach darauf
aufmerksam macht, dass jetzt überholt wird.All das hatte ich bereits
nach einem Kilometer verstanden und wir machten uns daran, von Sanur
im Süden der Insel zunächst nach Westen fortzukommen. Es stellte
sich das wohlige Gefühl ein, alles richtig gemacht zu haben. Das
Auto rollt, wenn auch zunächst nur im Stop and Go. Man weiß, dass
man (noch) richtig ist und die verkrampften Muskeln auf dem Sitz
entspannen sich zunehmend. Plötzlich wurden wir nach exakt 1,54 km
von einem Polizisten auf dem Motorrad überholt und raus gewunken.
Stimmt, da war ja noch was. Man kann sich ja im Verkehr wohlfühlen
und denken, man packt das Fahren in fremden Ländern, aber es gibt ja
auch noch die Cops, die da ein Wort mitzureden haben.
Letztes Jahr hat mich die Begegnung mit
argentinischen Verkehrspolizisten 75 € gekostet, da ich nach einen
Zwischenstopp vergessen hatte, mein Abblendlicht wieder einzuschalten
– in Argentinien ist das Pflicht. So schlug bei mir die
Begeisterung für den Mietwagenurlaub auf Bali nach nur etwas mehr
als tausend Metern ins totale Gegenteil um. Wir kurbelten das Fenster
runter – elektrische Fensterheber gibt es beim Katana natürlich
nicht. Nach vorne beugen ging nicht, da die antiquierten
Anschnallgurte noch keine Gurtaufroller hatten. Aber wenigstens waren
wir angeschnallt – so dass ich gespannt war, was der Polizist von
uns eigentlich wollte. In freundlichem Ton bat er um den Führerschein
– den internationalen natürlich! Diesen hatte ich parat, da man in
fast allen Ländern, sogar in den USA theoretisch, diesen grauen
Riesenlappen dabei haben muss. Mietwagenfirmen kontrollieren das nie,
da der eigentliche Fahrtauglichkeit-Nachweis der lokale Führerschein
ist. Das Dokument dabei zu haben ist womöglich im Süden Balis nicht
selbstverständlich und rein theoretisch eine Quelle zum Erstellen
eines Bußgelds. Anscheinend wird im Süden Balis besonders gern der
internationale Führerschein von Cops kontrolliert, denn im Lonely
Planet findet sich ein eigener Absatz zu diesem Thema, gesetzt den
Fall, dass man das Dokument nicht vorweisen kann und man keine Lust
auf lange Bußgeldverfahren hat. Unser Cop wollte uns schon eine gute
Weiterfahrt wünschen, da kam bei ihm noch der Gedanke auf, nach den
Fahrzeugpapieren zu fragen. Diese waren anscheinend auch korrekt,
denn danach entließ uns der Ordnungshüter wieder in den
indonesischen Straßenverkehr und wir waren glücklich zum Nulltarif
durch diese Kontrolle gekommen zu sein. Die restlichen 1.152 km
dieser Reise wurden wir übrigens nie wieder kontrolliert.

An Balis relativ leerer Nordküste
Die nächste Herausforderung warte dann
gleich wieder auf uns: das sich Zurechtfinden! Bali ist durchsetzt
mit Myriaden von Straßen aber Straßenschilder sind hier Mangelware.
Auf der gesamten Reise habe ich zweimal ein Verkehrsschild mit
Geschwindigkeitsbegrenzung (60 km/h) gesehen. Stoppschilder gab es
rund ein Dutzend. Vorfahrt beachten – unser umgestülptes Dreieck –
gab es gar nicht – schließlich gilt ja das Gesetz des nach vorne
gucken! Tja und auch Ortsschilder sind auf Bali eine seltene
Erscheinung. In welchem Ort man sich gerade befindet ließt man am
besten an den Schildern der Unternehmen vor Ort ab, da diese
praktisch immer ihre komplette Adresse angeben. Insgesamt habe ich
den Eindruck, dass Hinweisschilder auf kleinen Straßen komplett
fehlten. Schaut man sich auf Google Maps oder einer Karte die Straßen
an, findet man oft einen tollen direkten Weg von A nach B. In der
Realität findet man im Gewirr der Sträßchen dann den direkten,
richtigen oftmals gar nicht mehr und riesige Umwege sind in Kauf zu
nehmen. Von der Südost-Küste bei Sanur zur Westküste durch das
dicht besiedelte Südbali zu gelangen, war am Ende nur möglich, da
wir uns nach dem Stand der Sonne richteten und so grob die
Himmelsrichtungen wussten.
Ein weiteres Problem bei der
Beschilderung auf Bali besteht darin, dass wenn es schon endlich ein
Schild gab, dieses meist das nächste Kaff angab und die nächste
größere Siedlung aber nicht. Manchmal gibt es auch eine Differenz
bei den Ortsnamen auf Karten und Schildern. Semarapura heißt zum
Beispiel oft noch Klungkung – alles klar oder? Wir entschieden ab
der nächsten Fahrt einen Kompass ins Handschuhfach zu legen und
waren froh irgendwann den Großraum Südbali hinter uns zu lassen und
doch noch auf die richtige Straße zu gelangen. Hat man einmal das
ländliche Bali erreicht, das sich zum Glück noch über rund zwei
Drittel der Insel erstreckt, nördlich der Inselhauptstadt Denpasar,
dann weiß man endlich seinen Mietwagen tatsächlich zu schätzen.
Bali wird von West nach Ost von einer Vulkankette durchzogen und die
kleinen Bergsträßchen werden nur selten von Bemos befahren. So wäre
es nahezu unmöglich mit öffentlichen Verkehrsmitteln das ländliche,
gebirgige Bali zu entdecken. Einmal von der Inselringstraße im Süden
abgebogen, findet man sich nach wenigen Kilometern in der Natur
wieder. Die Südseite der Berghänge ist nahezu komplett mit
Reiseterrassen durchzogen. Teile dieser alten Kultivierung stehen in
der Gegend von Jatiluwih sogar heute unter dem Schutz des
Weltkulturerbes der UNESCO und sind sogar frei von Abfällen –
einem leider in Asien immer wieder kehrendem Problem.

Reisterrassen an der Straße nördlich von Antosari
Es war herrlich in dieser
Kulturlandschaft spazieren zu gehen. Dieses friedliche Bali nur
wenige Kilometer vom Lärm im Süden entfernt war tatsächlich
Erholung pur – allerdings weniger für das Auto, denn die steilen
Straßen stellten den Karren immer wieder vor Probleme. Oftmals ging
es im Schneckentempo Steigungen von vielleicht 15 % bergauf im ersten
Gang. Später trafen wir auf LKW, die auf einer Bergstraße von ca. 5
km auf der Hälfte ihre Motoren kühlen und stoppen mussten, um die
gesamte Distanz zurücklegen zu können. Diese Straßen führen
natürlich zu erhöhtem Bensin-Konsum. Daher gibt es auf Bali ein
sehr dichtes Netz an Tankstellen mit noch mehr Tankwarten. Der
Boxenstopp an Balis Tankstellen dauerte meist nur eine Minute – und
bei Benzinpreisen von 0,40 Euro pro Liter stellten diese auch keine
besondere Strapaze für das Reisebudget dar. Abseits der Tankstellen
verkaufen die Einheimischen Benzin sogar aus der Glasflasche im
Tante-Emma-Laden an der Ecke, so dass man nie Angst haben musste,
stehen zu bleiben.
Am ersten Fahrtag brauchten wir für
120 km knappe 4 Stunden mit dem Auto! In manchen Ländern der Erde
kann man diese Distanz in dieser Zeit fast mit dem Fahrrad
zurücklegen. Unser erstes Ziel, ganz im Westen der Insel gelegen,
mit Blick auf die Vulkane der Nachbarinsel Java war Pemuteran und der
Taman Nasional Bali Barat, der einzige Nationalpark der Insel. Anders
als im Lonely Planet angepriesen ist Pemuteran kein idyllisches
Dörfchen mit Traumstrand sondern ein typisches, langgezogenes
Straßenkaff ohne jegliche Seitenstraße, in das Luxusressorts mit
Zimmerpreisen von mehr als 100 Euro pro Nacht hinein gebaut wurden.
Dazwischen finden sich so genannte „Homestays“ - relativ einfache
Unterkünfte der Einheimischen für Individualreisende. Zahlt man im
Rest von Südasien für solche Übernachtungsmöglichkeiten
vielleicht 10 Euro pro Nacht für ein enges, spartanisches Zimmer mit
Dusche/WC und Ventilator aber ohne Klimaanlage sind auf Bali dafür
oft schon fast 30 Euro in der Hauptsaison zu entrichten. Für das
doppelte an Euro erhält man dann allerdings 3 bis 4-Sterne-Luxus, wo
man z. B. in Indien hingegen vielleicht das doppelte dafür berappen
muss. Wir lernten recht schnell mit dieser etwas
gewöhnungsbedürftigen Situation umzugehen und genossen für etwas
mehr Geld wirklich wunderbare Unterkünfte auf der Insel.

Am Strand von Pemuteran kurz vor Sonneuntergang
Im Nationalpark ging es per Pedes mit
einem Führer quer durch die Mangroven und die trockene,
savannenartige hellbraune Landschaft Westbalis, die mit den immer
grünen Reiseterrassen wenige Kilometer weiter östlich gar nichts
mehr gemein hat. Größere Wanderung sind auf Bali mittlerweile fast
ausnahmslos mit Führer durchzuführen. Das ist meiner Meinung nach
eine eigentlich gute Sache, denn so haben auch die Einheimischen
etwas vom Tourismus auf dieser Insel, die ja hauptsächlich von
Badetouristen lebt, die in internationalen Ressorts einen Großteil
ihres Aufenthalts verbringen. Alle Führer die wir im Laufe der Reise
engagierten, waren zurückhaltende, gut bis sehr gut Englisch ,sprechende
Einheimische, die mit großem Enthusiasmus mit uns zu Fuß unterwegs
waren. Die recht hohen Kosten für die Führer von z.B. 45 Euro für
3 Stunden zu zweit im Nationalpark, die meist relativ fix waren,
zahlten wir gerne, sofern davon auszugehen war, dass ein Großteil
des Geldes beim jeweiligen Führer verbleibt – was aber leider
nicht immer sicherzustellen war.

Wanderung an der Mangroven-Küste im Taman Nasional Bali Barat
Unser nächstes Ziel unserer Reise war
das Bergdorf Munduk, zwischen hellgrünen Reiseterrassen und
dunkelgrünen tropischen Bergwaldhängen gelegen. Dort war es dann
auch mal möglich, alleine auf Wanderschaft zu gehen, da die
Bewässerungssysteme für die Reisterrassen immer mit einem kleinen
Pfad versehen waren. Verirren war recht unmöglich und sofern größere
Passagen der Wege mit Treppenstufen ausgestattet waren, störten auch
keine ansonsten ab und zu auftauchenden Mofa-Fahrer mehr den
Wandergenuss in der puren Natur. Statt Gedröhne von Motoren
dominierten Vogelgesang und Wasserrauschen. Von Munduk aus lassen
sich auch die zentralen Bergseen der Insel auch prima erkunden. Auf
einer extrem steilen Bergstraße geht es zunächst auf den Kraterrand
eines riesigen längst erloschenen Vulkan. Die Straße schlängelt
sich auf dem Rand entlang, oberhalb der im Krater befindlichen Seen
Danau Bayan und Danau Tamblingan. An beiden Seen kann man
entlang spazieren – eigentlich ohne Führer. Aber am
zweit-genannten See hatte sich eine Vereinigung von Bergführern
gebildet, die praktisch ein Wandern alleine unmöglich machte. Das
nervte uns zunächst, bis wir am Seeufer einerseits Zelte entdeckten
und sahen, dass das ganze Dorf unter Wasser stand. Ein Hinweisschild
klärte auf, dass die vulkanischen Aktivitäten zu einem plötzlichen
Anstieg des Wasserpegels um fünf Meter vor zwei Jahren führten und
die Bewohner praktisch über Nacht ihr Zuhause verloren. Da waren wir
dann doch etwas peinlich berührt und engagierten natürlich gerne
eine Bergführerin, die uns dann sicher durch den Dschungel
begleitete und uns mit einer Schärpe ausstattete: Der Grund war
ein in der Nähe gelegener Hindu-Tempel, den Balinesen traditionell
mit Sarong (Stofftuch) und Schärpe aufsuchen. An fast jedem
Tempel in Bali kann man gegen eine Spende einen Sarong leihen und
sich dann adäquat angezogen diese religiösen Stätten anschauen –
so profitieren auch wieder Einheimische vom Besuch der Fremden.

Durch Vulkanismus untergegangens Dorf am Danau Tamblingan
Mit dem Erreichen des Wasserpalastes in
Tirta Gangga in Ost-Bali traf ich dann erstmals auf einen Ort meiner
Weltreise. Meist hat man ja Angst, dass Orte, die man in guter
Erinnerungen hat, sich im Lauf der Zeit zum „Schlechten“ ändern
– gerade in Asien, wo sich oftmals innerhalb eines Jahres bereits
sehr viel ändert. Die einzige Änderung in Tirta Gangga: das Warung
(lokales Restaurant), das ich vor 9 Jahren besuchte ist expandiert
und hat jetzt auch einen Essbereich auf dem Dach – fertig. Das
Essen auf Bali wäre ein eigenes leckeres Kapitel und würde den
Rahmen hier spregen. Es war gut und es ist gut und weiterhin sehr
günstig. Der Verkehr war damals schon heftig und hat sich bis auf
die Region um Ubud nicht wirklich verschlimmert. Die Menschen auf
Bali sind immer noch sehr freundlich und zuvorkommend und dass die
Hotelpreise 2003, 6 Monate nach dem Terroranschlag von Kuta,
natürlich heute vollkommen andere sind, war absehbar. Es war einfach
schön zu sehen, dass es doch noch Plätze in Asien gibt, die
unverändert angenehm bleiben, trotz unserer touristischen
Dauerpräsenz.

Der Wasserpalast in Tirta Gangga
Viele Bali-Reisende, die nicht an den
Stränden im Süden bleiben, zieht es in die kulturelle Hauptstadt
nach Ubud. Dort hat der Verkehr wie gesagt leider extrem zugenommen
und im Zentrum der Stadt war es wirklich nicht mehr angenehm zu
bleiben. Die Außenbezirke eignen sich aber immer noch zum
Entspannen, da dort wunderschöne Unterkünfte aufgemacht haben, mit
Blick auf Reisfelder oder ganz im Westen auf den Ayung Fluss tief
unterhalb der Ortsteile Sayan und Kedewatan. Allerdings befürchte
ich, dass die Bauwut in Ubud dazu führen könnte, dass die Stadt
immer mehr ausfranzt und heutige Reisefelder bald Baugrund für neue
Ressorts sind. Wir betrachteten Ubud nur noch als Ausgangsbasis für
Tagestouren z. B. zum Vulkan Batur.

Blick vom Vulkan Batur (1.717 m) auf den Gunung Abang (2.152 m)
Meine bisherigen Vulkanbesteigungen in
Indonesien waren allesamt sehr frustrierend verlaufen, da ich mich
jedes Mal um vier Uhr morgens auf den Weg bergan machte, um
rechtzeitig vor Sonnenaufgang auf dem Gipfel zu stehen und um nichts
zu sehen, da immer eine Wolke jegliche Sicht über den Kraterrand
verbaute. Dieses Mal ließen wir es daher beim Batur ganz lässig
angehen, vertrauten auf die Wettervorhersage, die behauptete, dass es
mittags aufklaren sollte. Das ist zwar so eine Art von Vorhersage,
wie dass es im Juli in Deutschland Dauerfrost geben soll, schließlich
zieht es sich in der Regel in den Tropen spätestens mittags zu –
aber egal. Und die Wettervorhersage hatte Recht! Mit Wayan einem
drahtigen Mitvierziger als Bergführer erklommen wir den
zweitheilgsten Berg Balis in lockeren zwei Stunden zur Mittagszeit und
wurden mit einer herrlichen Sicht auf den äußeren Kraterrand
belohnt. Die Wolken blieben außerhalb des äußeren Kraterrands und
endlich sah ich mal etwas anderes als Nebel auf dem Gipfel eines
indonesichen Vulkans.

Ruhige Seitenstraße in Ubud
Zurück in Ubud war dann Stau angesagt.
Der Verkehrsinfarkt wird hier schon vorgezogen, da in der Stadt 365
Tage im Jahr Tempelfeste veranstaltet werden und bei diesen dann
einfach mal die gesamte Straße oder wenigstens ein guter Teil davon
mit Betenden in weißen Gewändern belagert wird. Nirgends auf der
Welt habe ich so eine Spiritualität im Alltag festgestellt wie auf
Bali. Prozessionen finden inselweit täglich statt. Die Menschen
leben ihre Kultur und tragen nicht wegen der Touristen ihre
traditionellen Gewänder, sondern weil sie wohl Teil ihrer Identität
im größten muslimischen Land der Welt sind. Der Stau war
zugegebenermaßen nervig, aber was beschwere ich mich hier groß. Ich
bin Gast und muss mich natürlich den Gegebenheit des Gastlandes
anpassen. Insgesamt war mein zweiter Aufenthalt auf Bali ein
wunderbares Abenteuer und es bleibt zu hoffen, dass sich die Insel
und ihre Menschen ihren Charakter bewahren, die dieses Eiland so
einzigartig machen.
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